IEC 60068-2-14: Die Prüfnorm für Temperaturwechsel bei elektrotechnischen Geräten erhielt unter Mitwirkung von Weiss Technik ein Update. Im Mittelpunkt steht vor allem das Wechselspiel zwischen Prüfling und Prüfparametern.
Ein Fahrzeug wird morgens gestartet, nachdem es in einer kalten Nacht draußen auf dem Parkplatz gestanden hat – Motor und Elektronik fahren schnell hoch und erwärmen sich. Das ist nur eine von vielen Alltagssituationen, in denen elektrotechnische Produkte teils extremen und abrupten Kälte- und Wärmeeinflüssen ausgesetzt sind. Belastungstests mit Hilfe von Temperaturwechseln geben Aufschluss, wie die Geräte auf solche Bedingungen reagieren. Und liefern Erkenntnisse über Beständigkeit, Schwachstellen und Schadensmechanismen.
Labore und Hersteller, die Prüfungen zu Temperaturwechseln durchführen, richten sich unter anderem nach der Norm IEC 60068-2-14. Die dort festgeschriebenen Testkriterien wurden aufgrund besserer Prüftechnik, vor allem in der Messung und Analyse des Prüflings, aktuell überarbeitet. Daran beteiligt war Christian Haack, Entwicklungsleiter bei Weiss Technik. Als Chairman des Technical Committee TC 104 der IEC übernahm er zugleich die Projektverantwortung bei der Überarbeitung der Norm. „Hierfür habe ich vor allem Anwenderwissen und Praxiserfahrung aus Industrie, Fachverbänden und internationalen Länderkomitees eingesammelt, um sie in das Update der Norm einzubeziehen“, sagt Haack.
Heiß und kalt: Stärkerer Fokus auf Prüfling
Die Modifizierung der Norm, bei der die grundlegende Prüfmethode nicht geändert wurde, betont vor allem den Prüfling. Denn Prüflinge erwärmen oder erkalten je nach Material, Gewicht und Bearbeitung unterschiedlich, zudem reagiert jedes Testgut auf die Prüfbedingungen anders. Auch eventuelle Verschleißprozesse oder Schäden treten uneinheitlich auf. Als Orientierung wurden in die Norm zusätzlich Beispielkurven eingefügt wie auch Toleranzen bei den Temperaturstufen konkretisiert. Das verbessert unter anderem die Vergleichbarkeit der Prüfungen.
Zur Messung der Reaktionen auf die Temperaturänderungen können am Prüfling Sensoren angebracht werden. Vorteil: Der Prüfling lässt sich an vielen Stellen vermessen und sein Verhalten live protokollieren. Auch in der Prüfkammer eingebaute Kameras liefern dazu Bilder für visuelle Auswertungen.
Drei Testverfahren: Darunter auch Schockprüfungen
In die Bezeichnungen Na, Nb und Nc sind die Prüfvarianten unterteilt. Na bezeichnet einen Temperatursprung-Test, der massive Wärme- oder Kälteunterschiede beinhaltet: Beispielsweise eine abrupte Absenkung von 100 Grad Celsius auf minus 50 Grad Celsius und wieder zurück – beides mit maximaler Kälte- und Heizleistung. Umgesetzt wird die Temperaturschock-Prüfung durch Klappenschockgeräte, die per Luftklappen den Prüfling abkühlen oder erhitzen. Oder mit Fahrkorb-Modellen, bei denen das Testgut in Wärme- und Kältekammern hin- und herfährt, vergleichbar mit einer Tiefkühlpizza, die aus dem Eisfach direkt in den heißen Backofen geschoben wird.
Nb steht für einen Rampentest, der eine linear gesteuerte Änderung der Temperatur zum Gegenstand hat – Kühlung und Erwärmung in graduellen Stufen. Mit dem schrittweisen Temperaturwechsel kann die Reaktion des Prüflings während der definierten Umtemperierung beobachtet werden. Deshalb gilt dieses Prüfverfahren auch als Versuchsvorläufer für den Temperatursprungtest Na.
Nc schließlich repräsentiert ein Prüfverfahren, bei dem Flüssigkeit statt Luft die Temperaturänderungen herbeiführt. Umgesetzt wird der Test mit der Zwei-Bäder-Methode, die wegen der hohen Leitfähigkeit von Flüssigkeiten den Wärme- und Kälteübergang erheblich verbessert, selbst für schlagartige Temperaturänderungen.
Qualität und Erfahrung: Norm spiegelt Prüfpraxis wider
Die Richtlinie ist primär ausgelegt zur Qualifizierung, Validierung und Entwicklung von elektrotechnischen Erzeugnissen. Sie dient zur Qualitätssicherung und Nachverfolgung von Schadensursachen und -mechanismen, schließlich auch zur Freigabe der Geräte. Selbst mechanische Produkte und Bauteile können mit dem Prüfverfahren getestet werden.
Da die Prüfmethodik nicht geändert wurde, können Labore und Hersteller mehrheitlich ihre bestehenden Testeinrichtungen weiter nutzen, je nach Prüfungsart. Ideal für die Tests eignen sich vor allem die Geräte von Weiss Technik, wie ShockEvent, TempEvent, ClimeEvent und LabEvent, die zum Teil ein Kälteniveau von bis zu minus 70 Grad Celsius erreichen.
Mit der direkten Beteiligung von Weiss Technik wurde die jahrzehntelange Erfahrung des Reiskirchener Unternehmens im Bereich Prüfschränke und Umweltsimulation zu einem wesentlichen Bestandteil bei der Überarbeitung der Norm.
Um weiteres Praxiswissen für künftige Aktualisierungen der Norm einzuholen, bittet Christian Haack um Input von Anwendern. Für die Einreichung von Einschätzungen und Anregungen gibt es zwei Möglichkeiten: Auf nationaler Ebene bei der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE): https://www.dke.de/de/mitmachen/nehmen-sie-stellung-zu-norm-entwuerfen Auf internationaler Ebene bei der International Electrotechnical Commission (IEC): https://www.iec.ch/dyn/www/f?p=103:29:302577811679667::::FSP_ORG_ID,FSP_LANG_ID:1308,25#3 |