Sweatshirt, Jeans, weiße Sneaker: Kai-Uwe Hölzel kommt entspannt zum Technik Lunch. Im Gespräch ist er engagiert und hochkonzentriert. Zu seinem komprimierten Fachinput gibt es Flammbrot aus dem Holzofen mit Tomate, Mozzarella, Peperoni und scharfer Salami.
Herr Hölzel, alle reden von Energieeffizienz. Wie ist das bei Apotheken?
Nachhaltigkeit und Energieeffizient sind auch bei Apotheken ein Thema, ganz klar. Gerade wenn sie eine eigene Herstellung mit Reinraum haben, werden der CO2-Fußabdruck und die Energiekosten immer wichtiger.
Über welche Beträge reden wir hier?
Das hängt von vielen Faktoren ab. Die jährlichen Energiekosten für einen Reinraum können schnell sechsstellig werden. Jede Einsparung steigert die Wirtschaftlichkeit damit erheblich.
Können Reinräume in Apotheken energieeffizient betrieben werden?
Natürlich brauchen Reinräume prozessbedingt viel Energie, keine Frage. Aber mit den richtigen Maßnahmen kann der Energiebedarf um bis zu 30 % gesenkt werden. Insofern: Ja, Reinräume in Apotheken können energieeffizient betrieben werden.
Wie lässt sich die Effizienz von Apotheken-Reinräumen steigern?
Es ist wichtig, alle Aspekte im Detail zu analysieren und die richtigen Schritte abzuleiten. Das beginnt mit dem Produkt: Nicht-toxische Produkte wie parenterale Ernährung stellen andere Anforderungen an einen Reinraum als toxische Produkte wie Zytostatika. Damit bieten sich andere Möglichkeiten, das Layout zu gestalten und die Energieeffizienz zu optimieren. Bei toxischen Produkten muss mit 100% Außenluft gearbeitet werden, das lässt nur wenig Raum für Optimierungen.
Was bedeutet 100% Außenluft für die Effizienz?
Ganz einfach: Luft für Reinräume muss aufwändig konditioniert werden. Zunächst wird sie zur Entfeuchtung stark abgekühlt und anschließend auf die Zieltemperatur erwärmt. Das ist ein sehr energieintensiver Prozess. Bei nicht-toxischen Produkten kann über den Umluftbetrieb die eingesetzte Luft und damit auch die aufgewendete Energie mehrfach genutzt werden. Bei schadstoffbelasteter Luft ist das nur bedingt möglich. Dafür geeignete entkoppelte Kreislauf-Verbund-Systeme haben einen deutlich geringeren Wirkungsgrad als Systeme mit Umluftbetrieb.
Wie kann die Effizienz in Reinräumen noch optimiert werden?
Eine wichtige Stellschaube ist das Layout. Wenn der Reinraum von den Arbeitsplätzen über die Wege bis hin zu den Schleusen bedarfsgerecht geplant ist, kann das helfen, die Energiekosten nachhaltig zu senken. Leider wird die Reinraumtechnik, aus Angst, ein Risiko einzugehen, häufig überdimensioniert. Mit Erfahrung und technischem Know-how kann die Luftwechselrate auch mit Blick auf die Wärmelast der im Reinraum eingesetzten Geräte optimal ausgelegt werden – ohne ein Risiko einzugehen und ohne die komplexen gesetzlichen Anforderungen zu verletzen.
Welche rechtlichen Vorgaben sind zu beachten?
Das kommt darauf an: Für einfache Apotheken gilt die Apothekenbetriebsordnung. Apotheken und Krankenhausapotheken, die als Herstellbetriebe tätig werden, unterliegen dem §13 Arzneimittelgesetz und benötigen beispielsweise ein Monitoring-System. Wichtig ist auch, die abnehmende Aufsichtsbehörde zu kennen. Denn auch nach der Überarbeitung des Annex 1 / EU-GEMP-Leitfadens gibt es regional unterschiedliche Auslegungen. Wer das nicht weiß, kann teure und energieintensive Fehler machen, die im schlimmsten Fall die Freigabe der Anlage verhindern können.
Gibt es weitere Stellschrauben?
Ja. Nicht-toxische Bereiche sollten zum Großteil im Umluftbetrieb betrieben werden. Dabei sollte sich der Außenluftanteil an den Mindestanforderungen der Prozesse orientieren. Hintergrund ist, dass der Umluftanteil nicht aufwändig konditioniert werden muss. Ein fest definierter Erhaltungsbetrieb am Wochenende oder in Betriebsferien erlaubt es zudem, die Luftmenge um 30 - 40% zu reduzieren und damit Energie einzusparen. Energetisches Finetuning kann auch über spezielle Filter erfolgen, die einen geringeren Luftwiderstand bei gleicher Filterleistung haben. Trotz ihres Anschaffungspreises rechnen sie sich oft schon nach wenigen Jahren. Unter den richtigen Voraussetzungen können auch Hochdrucksprühbefeuchter den Energiebedarf senken. Diese müssen zur Anwendung passen und die Wasserqualität muss ausreichend gut sein, um ein Risiko durch Verunreinigungen zu vermeiden.
Was können Apotheker sonst noch tun?
Natürlich können Apotheker die eingesetzte Energie, also Strom, Wärme und Kälte optimieren, denn unsere Reinräume funktionieren auch mit PV-Strom, klar. Wenn sie eine Wärmepumpe nutzen, ist das auch sehr gut, weil wir problemlos mit den geringeren Vorlauftemperaturen arbeiten können. Hier können sie gegenüber Gas oder Öl viel einsparen. Am besten ist es, uns bei einem Neu- oder Umbauprojekt möglichst früh ins Boot zu holen, damit wir alles von vorneherein energieoptimiert planen können. Übrigens: Manchmal empfehlen externe Berater Dinge, die zwar energetisch richtig sind, sich aber technisch und rechtlich nicht in Apotheken umsetzen lassen. Wir verstehen Apotheken, Produkte und Prozesse und kennen die Rechtslage. Das hilft.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der Energieeffizienz im Reinraum ein?
Am Prozess selbst ist wenig bis gar nichts zu ändern. Wenn ein Prozess einen Reinraum braucht, bleibt es energieintensiv. Mit steigenden Energiekosten und wachsendem Umweltbewusstsein werden wir Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz immer öfter einsetzen können. Und da haben wir einiges zu bieten.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hölzel und guten Appetit.
Reinräume sind Energiefresser. Mit der richtigen Planung lässt sich ihr Energiebedarf deutlich senken.
Informationshappen Dipl. Ing. Kai-Uwe Hölzel
Nach dem Diplom-Studium Energiesystemtechnik und dem Master im Maschinenbau und Energietechnik ist Kai-Uwe Hölzel seit 2017 bei Weiss Klimatechnik. Als Head of Technical Sales and Planning und aktiver Volleyballer ist er ein engagierter und ehrgeiziger Teamplayer.